Navigation überspringen

Untersuchungen zur räumlichen Verteilung des Esca-Syndroms in südbadischen Rebanlagen

Ergebnisse aus einer Weinsberger Technikerarbeit

Karl Bleyer, Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg und David Schmidt, Eichstetten

Einleitung
Das Esca-Syndrom ist eine Absterbeerscheinung der Weinrebe, die zwei verschiedene Krankheitsverläufe haben kann. Den schleichenden und somit chronischen Verlauf und die Apoplexie, das Absterben von Rebstöcken innerhalb kürzester Zeit. Die Krankheit wird nach derzeitigem Wissenstand hauptsächlich von drei holzzerstörenden Pilzen verursacht, dem Phaemonielle chlamydospora, dem Phaeoacromonium aleophilum und dem Fomitiporia mediterrana (Mittelmeerfeuerschwamm). Die Pilze werden über Schnittwunden oder andere offene Wunden übertragen. Diese dienen den Pilzen als Eindringpforten. Oft sind sie in der Rebe latent vorhanden und lösen durch Stresssituationen die Symptome aus. Das haben auch wieder die Trockenheit und die extrem hohen Temperaturen des Jahres 2015 und der regnerische Sommer 2016 gezeigt.

Abbildung 1: Typisches Symptom der Leitbahnenkrankheit: „Tigerstreifen“

Abbildung 2: „Black measles“, erstes Symptom an den Trauben

Zielsetzung der Technikerarbeit
In den vorliegenden Untersuchungen wurden Anlagen mit stärkerem Esca-Befall in den südbadischen Bereichen Markgräflerland, Kaiserstuhl und Breisgau ausgewählt. Über die genauere Ausbreitung von Esca liegen wenige Daten vor. Ziel der Arbeit war es festzustellen, inwieweit es innerhalb einzelner Anlagen Verteilungsmuster gibt. Eine Fragestellung war, ob eventuell Stressfaktoren wie der Straßenrand durch seine abstrahlende Wärme, Bodengegebenheiten oder benachbarte schon mit Esca befallene Rebstöcke einen Einfluss auf das Auftreten und die Verbreitung haben könnten. In diesem Rahmen sollten natürlich auch die sortenbedingten Unterschiede aufgenommen werden. Um diesen Fragestellungen näher zu kommen, wurden Anlagen mit stärkerem Esca-Befall ausgewählt.

Vorgehensweise bei den Erhebungen
Im Vorfeld wurde unter Mithilfe der Weinbauberater bei verschiedenen Betrieben angefragt, ob sie bereit wären an dieser Erhebung teilzunehmen. Die Bereitschaft bei den Winzern war aufgrund der immer stärker zunehmenden Problematik sehr groß. Insgesamt wurden in 21 Anlagen auf knapp 7 Hektar fast 28.000 Rebstöcke bonitiert (siehe Tabelle 1).

Tabelle 1: Übersicht der ausgewählten Rebflächen

Bonitur der Flächen
Eine erste Bonitur fand von Ende Juni bis Anfang Juli statt. Es wurden aufgenommen:
1. Rebstöcke, welche zur Sanierung zurückgeschnitten wurden
2. vorhandene Fehlstellen
Anschließend wurden die Pläne digitalisiert. Die Hauptbonitur der mit Esca befallenen Stöcke fand dann Ende August statt. Die Boniturkriterien waren „Befall“ oder „kein Befall“. Es wurde nicht zwischen verschiedenen Symptomausprägungen unterschieden. Die zurückgeschnittenen Rebstöcke und Nachpflanzungen wurden getrennt von den Fehlstellen erhoben. Bei der Fragestellung nach der Höhe des Gesamtbefalles wurden Rückschnitte mit Nachpflanzungen und Fehlstellen als ehemals befallene Esca-Stöck aufgenommen, da sie nach Aussagen der Weinbergsbewirtschafter zuvor überwiegend mit Esca befallen waren.
Auf den nachfolgenden Plänen sind die Stöcke in verschiedenen Farben markiert:
Rot: neuer Befall 2016
Gelb: Nachpflanzungen/Rückschnitte
Blau: Fehlstellen

Ergebnisse – Befall
In Tabelle 2 wird der prozentuale Neubefall 2016 sowie der Gesamtbefall wiedergegeben. Vorausgesetzt wird hierbei, dass alle Fehlstellen und ersetzten Rebstöcke mit Esca befallen waren. Der Befall 2016 reicht von 0% bei einem Weißburgunder bis zu 18% in einer Silvaner Anlage. Im Durchschnitt gab es 8% Neubefall. Der Gesamtbefall reicht von 9% bei Müller-Thurgau bis zu 41% bei einer anderen Müller-Thurgau-Anlage. Das gewogene Mittel aller Anlagen liegt bei 21%, also einem Fünftel aller Stöcke, die Esca haben oder die mit Esca bereits befallen waren.

Tabelle 2: Prozentualer Esca-Befall in allen erhobenen Anlagen

Ergebnisse - Verteilungsmuster
Im Folgenden soll mit drei Beispielen auf verschiedene Verteilungsmuster innerhalb von Rebanlagen eingegangen werden.

Abbildung 3: Verteilungsmuster bei der Rebsorte W. Gutedel, Markgräflerland, Pflanzjahr 1999

In dieser Rebfläche aus dem Markgräflerland mit der Rebsorte Weißer Gutedel (Abb. 3) lässt sich kaum ein Verteilungsmuster herauslesen. Fehlstellen gibt es fast keine. Die ausgefallenen Stöcke wurden fast alle nachgepflanzt. Im oberen Bereich, wo laut Bewirtschafter der Boden etwas tiefgründiger ist, scheint der Befall insgesamt etwas höher zu sein. Die markierten Flächen könnten auf kleinere und größere „Ballungszentren“ mit neuem Befall hindeuten. Insgesamt gab es 2016 in dieser Fläche 10,5% Neubefall. Am unteren Ende an dem eine Straße entlangläuft, war der Befall nicht stärker als in anderen Teilen der Anlage.

Abbildung 4: Verteilungsmuster bei der Rebsorte Müller-Thurgau, Kaiserstuhl, Pflanzjahr 2000

Auch bei der in Abbildung 4 dargestellten Fläche verlief links und unterhalb der Anlage je eine Straße. Ein verstärktes Auftreten der Esca-Symptomatik war auch hier nicht gegeben. Deutlich erkennbar ist, dass im oberen Bereich, wo die Anlage insgesamt etwas wüchsiger und der Boden etwas tiefgründiger ist, mehr Esca-Befall bonitiert wurde. Kleinere Ballungszentren (Kreis) mit älterem und neuerem Befall sind vorhanden. Oben rechts scheint der Befall etwas geringer zu sein.

Abbildung 5: Verteilungsmuster bei der Rebsorte Sauvignon blanc, Breisgau, Pflanzjahr 1995

In der Sauvignon blanc - Rebfläche aus dem Breisgau (Abbildung 5) gab es im Jahr 2016 8% Stöcke mit Esca-Symptomen. Bei einem Gesamtbefall von 12% der Stöcke bedeutet dies, dass zwei Drittel der Stöcke in einem Jahr die Symptomatik zeigten. Im oberen Bereich (schwarzer Kreis) ist deutlich ein Zentrum mit neuen Esca-Stöcken sichtbar. Im unteren Bereich gibt es auch Abschnitte (rote Kreise), in denen relativ wenige neuere Symptome gefunden wurden. Die Gründe hierfür konnten nicht gefunden werden.

Ergebnisse – Zusammenhang zwischen Neubefall und dem Vorbefall

Anhand der digitalisierten Aufzeichnungen konnte fest gestellt werden, dass 57% (1.265 von 2.231) von den im Jahr 2016 befallenen Stöcken neben Rebstöcken standen, die bereits mit Esca befallen waren. Dies würde dafür sprechen, dass eine Infektion über Nachbarstöcke wahrscheinlich ist. Die Beurteilung ist jedoch schwierig. Es waren überwiegend Flächen, in denen es schon relativ viel Vorbefall gab. Dadurch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein neu befallener Stock neben bereits befallenen Stöcken steht, relativ groß.

Ergebnisse - Sortenspezifischer Befall

Tabelle 3: Prozentualer Befall der Sorten von der Gesamtstockzahl der einzelnen Rebsorte

Tabelle 3 gibt den Befall der einzelnen Sorten der bonitierten Anlagen wieder. Am empfindlichsten scheint mit 39% der Riesling zu sein, gefolgt vom Silvaner mit 28%, dem Grauburgunder mit 27%, der Scheurebe mit 25% und dem Gutedel mit 21%. Dass Riesling und Silvaner zu den empfindlicheren Sorten gehören weiß man bereits. Der hohe Grauburgunderbefall ist sehr ungewöhnlich. Da ausschließlich stärker befallene Anlagen ausgewählt wurden, kann nicht direkt auf die Empfindlichkeit der Sorten geschlossen werden.

Zusammenfassung und Fazit
Im Rahmen einer Technikerarbeit an der LVWO Weinsberg wurde 2016 eine Erhebung in stärker befallenen Esca-Anlagen durchgeführt. Ziel der Arbeit war das Herausarbeiten von Verteilungsmustern der Krankheit in den einzelnen Anlagen. Des Weiteren sollte herausgefunden werden, ob es eventuell Zusammenhänge zwischen Bodengegebenheiten geben kann. Inwieweit Wärmeabstrahlung an Straßenrändern Einfluss auf den Befall haben kann wurde ebenfalls in die Beobachtungen mit einbezogen. Insgesamt wurden nahezu 7 ha mit insgesamt 28.000 Stöcken erfasst. Im Jahr 2016 wurden in diesen Anlagen 8% Neubefall (aktueller Befall) bonitiert. Würde man hypothetisch alle bereits nachgepflanzten und zurückgeschnittenen Stöcke plus die Fehlstellen hinzuzählen, gäbe es auf diesen Flächen einen Gesamtbefall von 21%. Es gab Anlagen, in denen die Verteilung der Krankheit sehr unregelmäßig auftrat. Somit konnten keine Rückschlüsse über die Ursachen gezogen werden. In vielen Anlagen konnten jedoch über die Digitalisierung der Pläne Verteilungsmuster gefunden werden. Es gab immer wieder Stellen mit einer gewissen Konzentration von befallenen Stöcken. Ebenso gab es Flächen innerhalb der Anlagen, in denen weniger oder keine Stöcke mit Esca befallen waren. Nach den Aussagen der Bewirtschafter waren oft an Stellen mit höherem Befall die Böden tiefgründiger. In diesen Fällen könnte ein daraus resultierender Mehrertrag durch stärkeren Wuchs entsprechenden Stress ausgelöst haben. Eine genauere Bodenbetrachtung wäre hier sicherlich sinnvoll. In allen an Straßen angrenzenden Anlagen konnte kein gehäufter Befall an den Straßenrändern gefunden werden. Bei der 2016 gemachten Erhebung standen 1.225 Esca-Stöcke, das sind 57%, in der direkten Nachbarschaft von zuvor schon erkrankten Stöcken.

Diesen Artikel als PDF-Datei herunterladen

  zurück




Informationen  zum Datenschutz und zum Einsatz von Cookies auf dieser  Seite finden Sie in unserer Datenschutzerklärung