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Phosphorige Säure - Wirkstoff gegen Peronospora auch in Blattdüngern

von Dr. W.K. Kast und H.-C. Schiefer
LVWO Weinsberg
E-Mail:  walter.kast@lvwo.bwl.de


Rechtliche Situation

Phosphorige Säure (Phosphonat) war wirksamer Teil des Pflanzenschutzmittelwirkstoffs Aluminium-Phosethyl, das im Weinbau in Mikal MZ zum Einsatz kam. Zur Zeit ist es als Hilfsstoff im Peronosporamittel Mildicut enthalten. Die Substanz wird voraussichtlich in die Liste der EU‑Pflanzenschutzwirkstoffe aufgenommen werden. In Deutschland ist dieser Wirkstoff auch in Pflanzenstärkungsmitteln enthalten (z. B. Ökofluid‑P, Frutogard). Diese werden aber voraussichtlich aus der Liste der registrierten Pflanzenstärkungsmittel gestrichen, sobald Phosphorige Säure EU‑weit als Pflanzenschutzmittelwirkstoff  registriert würde.

Phosphorige Säure ist aber auch in verschiedenen düngemittelrechtlich registrierten Blattdüngern enthalten. Diese dürfen zwar nicht zum Zwecke der Peronosporabekämpfung eingesetzt werden, eine Wirkung dieser Dünger kann jedoch in Kauf genommen oder genutzt werden, wenn eine Blattdüngung nach den Vorschriften des Düngemittelrechts unter Berücksichtigung der guten fachlichen Praxis erfolgt, also aus fachlicher Sicht diese Maßnahme als Düngemaßnahme sinnvoll ist.

Wirkungsweise

Phosphorige Säure hat einen relativ komplexen Wirkungsmechanismus. Einerseits wird der Pilz direkt angegriffen. Andererseits werden auch Abwehrmechanismen der Pflanze aktiviert. Der Wirkstoff dringt in die Pflanze ein und wirkt sehr gut kurativ, wenn er kurz nach Infektionen eingesetzt wird. Er wird außerdem sehr stark verlagert: zum einen in die Triebspitze ‑ dadurch wird der Neuzuwachs sehr gut geschützt ‑ und zum anderen in die Beeren, was zu relativ hohen Rückstandswerten führen kann. In der Pflanze und im Wein ist die Phosphorige Säure wegen der reduktiven Bedingungen sehr persistent, baut sich nicht ab. Toxikologisch wird jedoch die Substanz sehr günstig beurteilt, ebenso vom Umweltverhalten. Sie wird im Boden zu Phosphat oxidiert und damit rasch im Naturkreislauf integriert.

Wegen des relativ komplexen Wirkungsmechanismuses wird die Gefahr der Entwicklung von resistenten Peronosporastämmen wesentlich niedriger eingeschätzt, als bei anderen kurartiven und systemischen Wirkstoffen. Wesentlicher Schwachpunkt der Wirkung ist die Unwirksamkeit auf älteren Blättern, die vermutlich auf einem langsameren Eindringen und der raschen Verlagerung in jüngere Pflanzenteile beruht.

Versuchsergebnisse zur Nebenwirkung der Blattdünger

In einer Reihe auf Burg Wildeck durchgeführten Versuche mit Phosphoriger Säure hatten je nach Entwicklungsstadium 0,4 ‑ 1,6 kg Phosphorige Säure bis zum Rebstadium „Erbsengröße der Beeren“ eine mindestens guten Fungiziden entsprechende Wirkung. Die mit den Blattdüngern ausgebrachten Phosphonatmengen  liegen in der Selben Größenordnung.  Im Juli, bei überwiegend älteren Blättern war Phosphorige Säure in diesen Experimenten nahezu wirkungslos. (Nähere siehe unter  www.phos.de.tp ) Unter dieser Webadresse sind auch die Resultate von Rückstanduntersuchungen bei Trauben, Most und Wein zu finden. Werte bis zu 30 mg/l traten auf. Die Bestimmung von Rückständen der Phosphorigen Säure ist sehr schwierig und wird nur von wenigen Labors beherrscht.

Im Jahr 2004 wurden verschiedene phosophonathaltige  Blattdünger auf ihre Nebenwirkung gegen Peronospora überprüft. Um die Wirkung mit Standard-Fungiziden vergleichen zu können wurden 7 Behandlungen unabhängig vom Nährstoffbedarf ausgebracht. Bei allen Terminen wurde die gleiche Aufwandmenge an Blattdüngern verwendet (2,2 kg/ha). Da der Gehalt an Phosphoriger Säure bei allen Präparaten annähernd gleich hoch ist, wurde bei sämtlichen Phosphonat-Varianten dieselbe Menge ausgebracht. Die dabei zum Einsatz verwendete Menge an Phosphoriger Säure liegt bei ca. 520 g/ha. Die von den Herstellern empfohlenen Aufwandmengen liegen bei 2 ‑ 4 l/ha. Die verwendete Menge liegt also an der unteren Grenze. In einer Variante wurde gezielt eine einzige kurative Spritzung mit derselben Aufwandmenge am 08.07. durchgeführt. Durch das Adcon-Prognosesystem (Programm PeroDiag) waren am Tag zuvor massive Infektionen angezeigt worden.

Die geprüften Blattdüngern waren:

Phosfik (Kemira GrowHow GmbH, Hannover), www.phosfik.de
Lebosol-Kalium-Plus (Lebosol Dünger GmbH, Elmstein), www.lebosol.de
Lebosol-Magnesium-Plus, www.lebsol.de
Folistar Super (Jost GmbH, Iserlohn), www.jost-group.com

Bei den Blattdüngern ist der P2O5-Gehalt angegeben, sie enthalten aber P2O4 (Phosphorige Säure). Zwar bewerben die Hersteller die Wirkung auf Peronospora nicht, mit Begriffen wie „das gewisse Extra“ wird jedoch teilweise darauf angespielt.
Als Standards werden zeitgleich die Peronospora-Fungizide Folpan WG und Equiation Pro in der im jeweiligen Rebstadium zugelassenen Konzentration eingesetzt.

Ergebnisse

Bei einer Auswertung des Blattbefalls am 23.07. wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen den Varianten festgestellt. Selbst die nur ein einziges Mal mit dem Blattdünger Phosfik behandelte Kurativ-Variante hatte einen Wirkungsgrad von fast 80 %. Die Wirkung aller Mittel war an Trauben schlechter. Während die Fungizide noch 74 ‑ 84 % erreichten, lagen die Blattdünger bei 41 ‑ 68 % Wirkung. Die beste Blattdüngervariante war erstaunlicherweise die kurativ behandelte. Berücksichtigt muss bei dem Ergebnis, dass nicht die maximal empfohlene Aufwandmenge eingesetzt worden war.

Abbildung 1: Wirkungsgrade auf Blattbefall durch Peronospora nach Anwendung phosphonathaltiger Blattdünger im Juli im Vergleich zu Standardfungiziden



Deutlich schlechter war die Wirkung der Blattdünger bei einer späten Auswertung am 15. September. Die Wirkung fiel dabei auf teilweise unter 30 % ab. Die beste Blattdünger-Variante war zu diesem Termin Phosfik. Dass kein signifikanter Unterschied zwischen den durchgehend behandelten Varianten und der nur ein einziges Mal behandelten Kurativ-Variante bestand, belegt, dass die entscheidenden Effekte in den frühen Stadien erzielt worden sind und die Wirkung ab Mitte Juli gleich Null war.  Diese Ergebnisse entsprechen den Erfahrungen der LVWO mit reiner Phosphoriger Säure in früheren Versuchen auf Burg Wildeck.

Abbildung 2: Wirkungsgrade auf Blattbefall durch Peronospora nach Anwendung phosphonathaltiger Blattdünger im September im Vergleich zu Standardfungiziden



Abbildung 3: Wirkungsgrade auf Traubenbefall durch Peronospora nach Anwendung phosphonathaltiger Blattdünger im Vergleich zu Standardfungiziden



Weine, die aus den Blattdüngerversuchen der LVWO Weinsberg des Jahres 2004 gewonnen wurden, untersuchte das Weinbauinstitut Freiburg (Dr. Amann) auf Phosphonat-Rückstände. Die Rückstandswerte lagen überwiegend im Bereich der Nachweisgrenze und erreichten maximal 4mg/l.

Einsatzpotential

In Ertragsanlagen treten Nährstoff-Mangelsituationen in der Regel in der Phase kurz vor der Blüte bis zum Stadium Erbsengröße auf. Hier haben die phosphonathaltigen Blattdünger auch die beste Wirkung gegen Peronospora. In dieser Entwicklungsphase sind Phosphonate in ihrer Wirkung mit guten Fungiziden vergleichbar. Sie schützen besonders gut den Neuzuwachs. Das Risiko bei längeren Spritzabständen wird deutlich reduziert, wenn in dieser Phase diese Blattdünger zum Einsatz kommen. Da die kurative Wirkung auch an jungen Trauben  hoch ist, kann eine gezielte Blattdüngung in manchen Fällen in dieser kritischen Phase eine außerordentlich erwünschte Nebenwirkung haben.  Wenn in diesem Phase ein Nährstoffmangel befürchtet wird, ist es besonders hilfreich phosphonathaltige Blattdünger einzusetzen.
Interessant ist der Einsatz dieser Blattdünger im Pflanzjahr und in Rebschulen. In diesen Spezialfällen ist eine Mangelsituation, z. B. bei Magnesium, in vielen Fällen gegeben. Durch die systemische und kurative Wirkung wird mit der Nährstoffversorgung ein sehr guter Schutz der Jungreben vor Peronospora in der Phase des stärksten Wachstums im August und September erreicht.

Danksagung

Herrn Dr. Amann vom Weinbauinstitut danken die Autoren für die Durchführung der sehr schwierigen Untersuchungen auf Phosphorige Säure, die nur wenige Spezialisten beherrschen.

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