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Nährstoffversorgung und Traubenqualität

 

Dr. Dietmar Rupp
Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau



Als Ausgangsbasis für hochwertige Weine müssen Keltertrauben ein Vielzahl von Bedingungen erfüllen. Neben der inneren Qualität, die sich vor allem auf Beereninhaltsstoffe, wie Zucker, Säuren, Stickstoffverbindungen, Phenole und Aromastoffe, zurückführen lässt, kann die äußere Qualität durch die Traubenstruktur (Beerengröße) oder den Gesundheitszustand (Botrytis, Essigfäule) gekennzeichnet werden (Abbildung 1). Vieles davon ist durch die Rebsorte, den Pflanzenschutz sowie das Ertragsniveau und  die Laubwandgestaltung (Erziehungssystem, Entblätterung) entweder klar vorgegeben oder kurzfristig beeinflussbar.

 

Innere und äußere Qualität: Neben den Inhaltsstoffen sind die Traubengesundheit und die Traubenstruktur sehr wichtig

Abbildung 1: Innere und äußere Qualität: Neben den Inhaltsstoffen sind die Traubengesundheit und die Traubenstruktur sehr wichtig

  

Im Vergleich dazu laufen die Prozesse des Nährstoffhaushalts im Hintergrund ab. Selbstverständlich sind alle bekannten Pflanzennährstoffe in irgendeiner Weise an der Entwicklung der Reborgane und insbesondere der Trauben beteiligt.  Einige Mineralstoffe sind aber besonders eng mit der Trauben- und auch der Weinqualität verknüpft (Tabelle 1). Grund genug, sie einmal genauer anzuschauen.

 

Tabelle 1: Einige Mineralstoffe haben als Bestandteil von Beereninhaltsstoffen direkten oder über den Rebwuchs indirekten Einfluss auf die Traubenqualität und -gesundheit.

Nährstoff

Bedeutung für die Traubenqualität

direkt

indirekt

Stickstoff

Aminosäuren, Ammonium

(Hefeernährung)

Aromastoffe

Traubenstruktur

Beerengröße

Fäulnisgefährdung

Kalium

Extraktgehalt

Säurehaushalt

Zuckereinlagerung

Wasserhaushalt

Stiellähme (Gegenspieler zu Mg)

Traubenwelke ?

Magnesium

Gegenspieler zu Kalium

Stiellähme (Mg-Mangel)

Calcium

Gegenspieler zu Kalium

Zellwandstabilität

Schwefel

Aminosäuren

Aromastoffe

Stickstoffhaushalt der Rebe



Kalium regelt und steuert
 

Kalium ist bekannt als Regulator der osmotischen Vorgänge, welche zum Beispiel die Spaltöffnungen der Blätter steuern (Abbildung 2)  oder die Wanderung der Zucker und Reservestoffe ermöglichen.  Kalium stellt mit bis zu 1,2 g/l im fertigen Wein die Hauptkomponente des mineralischen Extraktanteils. Im Weinstein, dem Kaliumsalz der Weinsäure, zeigt sich direkt die Bedeutung von Kalium für das Säurebild des Weines.  Den Äpfelsäurehaushalt im Rebstock kann Kalium bereits auf den ersten Millimetern nach dem Eintritt  in die Rebwurzel beeinflussen. Versuche haben gezeigt, dass die Rebwurzeln auf hohe K+-Aufnahmeraten mit der Produktion von Äpfelsäure reagieren. Benötigt werden die negativ geladenen Malat-Anionen, um im Transportsystem für den elektrischen Ladungsausgleich zu sorgen.

Eine üppige Kaliumversorgung erhöht damit die Äpfelsäurewerte im aufwärts gerichteten Transpirationsstrom der Rebe. Schwächere Weinjahrgänge zeichnen sich meist durch erhöhte Äpfelsäurewerte aus. Zusätzlich zur eingeschränkten Veratmung der Äpfelsäure könnte also in solchen, meist kühleren und feuchten Jahren, das erhöhte Kaliumangebot eine weitere Rolle spielen.

 

Wird Kalimangel an den Blättern sichtbar, leidet auch die Traubenqualität

Abbildung 2:  Wird Kalimangel an den Blättern sichtbar, leidet auch die Traubenqualität

 

Im Wein erreichen Calcium und Magnesium kaum ein Zehntel der Kaliummenge. Ebenso unterschiedlich wie die Mengen in den Beeren und im Wein sind auch die physiologischen  Aufgaben der Nährstoffe (Abbildung 3).  Während Kalium im pflanzlichen Stoffwechsel eher bei Kontroll- und Steuerungsfunktionen mitwirkt, haben Calcium und Magnesium stabilisierende Aufgaben und sind nebenbei auch Stoffbestandteile. Beispielsweise sorgt Calcium im Ca-Pektinat dafür, dass die Makromoleküle der Zellwände gut aneinander haften. Beim Wettbewerb um den höchsten Beerengehalt ist Calcium jedoch von vorneherein im Hintertreffen, irgendwann im Verlauf der Beerenentwicklung stagniert die Calciumaufnahme. Und dies, obwohl gleich nach der Blüte ein rascher Zustrom von Calcium in die Beere zu beobachten ist. Die Erklärung liegt beim allmählichen Ausfall der Spaltöffnungen in der Beerehaut. Da Calcium fast ausschließlich im verdunstungsabhängigen Xylem transportiert wird, kommt der Calciumzufluss mit dem Aufhören des Transpirationsstroms zum Erliegen.

 

 

Einlagerung von Nährstoffen in die Beere anhand von Untersuchungen an der Rebsorte Cabernet Sauvignon

Abbildung 3: Einlagerung von Nährstoffen in die Beere anhand von Untersuchungen an der Rebsorte Cabernet Sauvignon (OLLAT 1995). Oben: Gegen Ende der Reifephase nimmt die Kaliumaufnahme stärker zu
als die von Stickstoff. Unten: Die Calcium- und Magnesiummengen  erreichen nur etwa ein Zehntel der Stickstoff- und Kaliwerte.  Da Calcium vor allem im Xylem transportiert wird, stagniert die weitere Einlagerung nach dem Reifebeginn. Die Magnesiumzuwanderung bleibt unbeeinflusst

 

 

Relative Ca-Zunahmen kurz vor der Lese  beruhen vor allem auf Konzentrationseffekten.

Magnesium besetzt mit dem Zentralatom des Chlorophylls bekanntermaßen die Schnittstelle der rebeneigenen Energieversorgung, doch ist die dreifache Menge des Chlorophyll-Magnesiums mit der Enzymaktivierung oder der Stabilisierung von Zellmembranen beschäftigt und wirkt damit direkt auf die Traubengesundheit. Fehlt Magnesium im Stielgerüst, so kann dies das Auftreten von Stiellähme begünstigen.

 

Ohne Stickstoff geht nichts

 

Die Bedeutung der stickstoffhaltigen Verbindungen für die Trauben- und spätere Weinqualität ist für Nichtchemiker kaum überschaubar. Der Bogen reicht von der N-Versorgung der Hefen mit Ammonium oder Aminosäurebruchstücken über die stickstoffhaltigen Methoxypyrazine im Sauvignon Blanc Aroma („grüner Paprika“) bis zur negativen Kehrseite der Medaille beim Auftreten von Eiweißtrübungen. Einige Aminosäuren sind bekannt als Aromavorläufer oder als Ausgangsbasis für höhere Alkohole. Unerwünscht sind dagegen biogene Amine, die beim Abbau von Aminosäuren entstehen können, - am Stickstoff führt kein Weg vorbei.

Einige Aminosäuren enthalten als weitere wichtige Komponente auch Schwefel. Beim Eiweißabbau unter reduktiven Bedingungen liefert der faulige-Eier-Geruch des Schwefelwasserstoffs deutliche Hinweise auf diesen Baustein. Schwefelhaltige Aromastoffe sind im bereits erwähnten Sauvignon blanc von Anfang an aktiv.

Stickstoff wirkt aber nicht nur als Bestandteil von Inhaltsstoffen auf die Traubenqualität. Es sind bekanntermaßen die indirekten N-Wirkungen die sich über die Wüchsigkeit des Rebstockes bemerkbar machen. In mastigen, mit Stickstoff gut versorgten Beständen zeigt sich ein übermäßiges Triebwachstum. Die Trauben sind dann kompakt, großbeerig und fäulnisanfällig (Abbildung 4). Dass ein üppiger Wuchs zu Laubwandverdichtung, zusätzlicher Verschattung der Traubenzone und erhöhtem Fäulnis- und Krankheitsdruck führen, macht die Sache nicht einfacher. Im schlimmsten Fall muss dann bei der Lese der essigstichige Faulanteil zugunsten der noch nicht vollständig ausgereiften Partien verworfen werden.

 

 

Starke Niederschläge und eine hohes Stickstoffangebot verstärken bei kompakten Trauben die Gefahr von Botrytis und Essigfäule

Abbildung 4: Starke Niederschläge und eine hohes Stickstoffangebot verstärken bei kompakten Trauben die Gefahr von Botrytis und Essigfäule

 

Nährstoffaufnahme und Einlagerung: besonders wichtig während der Beerenreife

 

Die Vorräte im Boden, die Austausch- und Freisetzungsraten aus Mineralen oder Humusstoffen und nicht zuletzt der Wasserhaushalt des Bodens bestimmen die Nährstoffkonzentration an der Rebwurzel. Beim Stickstoff zeigt sich dieses Zusammenspiel in deutlicher Weise. Die hauptsächliche N-Aufnahmeform ist Nitrat. Als Anion wird dieses nicht an Tonminerale oder Huminsäuren gebunden und kann daher im Massenfluss mit dem Wasser zur Rebwurzel gelangen. Abgesehen von direkten Düngemaßnahmen hängt die Menge an löslichem Nitratstickstoff von den Umsetzungen in der Bodenkrume ab. Enthält der Boden in seinem organischen Anteil leicht zersetzbare Stickstoffverbindungen und ist er feucht und warm genug, so kann die Mineralisation sehr schnell größere Mengen an Nitrat zur Verfügung stellen. Wurde der Boden zuvor bearbeitet, dann hat die teilweise Austrocknung der Bodenpartikel eine Vielzahl von Mikroorganismen zu Absterben gebracht und den Vorrat an leicht zersetzbaren Stoffen erhöht. Hierin liegt die Gefahr von kräftigen Niederschlägen zu Beginn der Reifungsphase: Nicht genug, dass der Wasserstrom die zuckerhaltigen Beeren aufschwemmt, auch das vegetative Wachstum wird durch den Stickstoff weiter angeregt. Der Botrytispilz hat dann leichtes Spiel.  Fehlt jedoch Wasser im Boden, dann stagniert die Stickstoffaufnahme. Sind nur geringe Mengen an Stickstoff im Boden gelöst, kann das wenige Nitrat auch durch N-Festlegung in der mikrobiellen Biomasse des Bodens verschwinden. Der N-Bedarf der Beeren kann dann allenfalls teilweise durch Quertransporte aus den Blättern gedeckt werden. Verringerte Gehalte an hefeverwertbaren Aminosäuren im Most sind die Folge.

Von wenigen Ausnahmen abgesehen, sind die meisten Weinbergsböden gut mit Schwefel versorgt. Der etwaige Schwefeleinsatz bei der Oidiumbekämpfung spielt daher keine wesentliche Rolle. Schwefel wird bei einer Mineraldüngung „nebenbei“ mit ausgebracht (z.B. über Ammoniumsulfat, Kalisulfat oder Kieserit), doch steckt der eigentliche Schwefelvorrat in der organischen Substanz und in den oft in großer Menge vorhandenen Sulfat-Mineralien wie z.B. Gips oder Anhydrit. Wie das Nitrat trägt auch das Sulfat-Ion eine negative Ladung und ist daher mit dem Bodenwasser gut beweglich.
 

Trockenheit verringert Kaliumaufnahme

Wasser spielt auch bei der Kaliumversorgung eine große Rolle. Besonders auf schweren Böden sind quellfähige Tonminerale dafür bekannt, dass sie erst bei hohen Bodenwassergehalten Kalium freisetzen. Trocknen solche Böden aus, dann führt das Schrumpfen der Tonteilchen zu einem Kalium-Lieferstopp. Setzt die Trockenheit womöglich im Spätsommer ein, dann fällt die nachlassende Versorgung mit dem Zeitraum der verstärkten Einlagerung in die Beeren zusammen. Und dies ist genau die Phase, in der Kalium für die Zuckereinschleusung in die Beere dringend benötigt wird. Der große Einfluss der Wasserversorgung auf die Kaliumaufnahme hat sich sehr deutlich bei Bewässerungsversuchen gezeigt. Dort wo durch Tropfbewässerung der Wasserstress gemildert, beziehungsweise zumindest lokal die Kaliumverfügbarkeit  im Boden erhöht wurde, fand sich hinterher auch mehr Kalium im Most (Tabelle 2).

 

Tabelle 2: Eine verbesserte Wasserversorgung erhöht die Kalium- und Stickstoffgehalte im Most. (Bewässerungsversuch Riesling, Bönnigheim 2003) 

Mostdaten

Kontrolle, unbewässert

Bewässerung  (61 l / m2 / Jahr)

Kalium (mg/l)

720

1065

Ammonium (mg/l)

94

106

ferm-N (mg/l)

49

62

 
Parallel zur Stickstoff- und Kaliumaufnahme in der Reifephase der Beere sind auch Magnesium und Phosphor in Richtung Samen unterwegs. Während bei Phosphor eine hohe Mobilität und sehr gute Umverlagerung festzustellen ist, kann die große Attraktivität der Samen insbesondere bei Magnesium zu einem spürbaren Rückgang der Gehalte im Stielgerüst führen. Zum Problem wird dies, wenn durch ungünstiges Blühwetter oder aufgrund von Schwankungen der Wasserversorgung bereits Gewebeschwächen innerhalb der Gefäßbündel angelegt sind. Bei anfälligen Sorten zeigt sich dann Stiellähme (Abbildung 5). Werden die ersten Nekrosen sichtbar, ist es für direkte Nährstoffapplikationen, wie etwa  in Form von Bittersalz oder Magnesiumoxid, bereits zu spät.

 

Beim Auftreten von Stiellähme (Lemberger) kann die Magnesiumversorgung von Bedeutung sein

Abbildung 5: Beim Auftreten von Stiellähme (Lemberger) kann die Magnesiumversorgung von Bedeutung sein

 

Die Stiellähme der Trauben und Stippe bei Äpfeln (Bräunung des Fruchtfleisches)  zeigen gewisse Parallelen (Gewebeinstabilität). Alle bekannten Versuche, die Stiellähme mit Calcium-betonten „Anti-Stippe-Spritzungen“ einzudämmen, blieben aber ohne Erfolg. Offenbar lässt sich Magnesium an dieser Stelle nicht einfach durch Calcium ersetzen. Noch nicht vollständig geklärt ist die Rolle von Mg, Ca und vor allem K bei der Entstehung der Traubenwelke („Zweigeltkrankheit“). Bereits beim ersten Auftreten der Symptome vor einigen Jahren wurde ein auslösender K-Mangel in die Diskussion gebracht. Gleichwohl gibt es auch Hinweise für die Erfolglosigkeit von Traubenbehandlungen mit Kaliumsalzen.  

 

Die richtige Nährstoffversorgung nur mit Systemdenken

 

In der Praxis wird die Nährstoffversorgung oftmals mit der Düngung gleichgesetzt. Die vom Rebstock „wahrnehmbare Nährstoffverfügbarkeit“ ist jedoch das Zusammenwirken mehrerer Faktoren. Die Eingriffsmöglichkeiten des Winzers bestehen in der Einflussnahme auf die Nährstoffvorräte im Boden und der Steuerung ihrer Verfügbarkeit.

Abhängig von der Witterung ermöglicht die Bodenpflege eine gewisse Regulierung des ausschlaggebenden Bodenwasserhaushaltes und der im Boden ablaufenden Umsetzungsprozesse.

Ziel der  Düngung ist es, eine mangelnde Nachlieferung ausgleichen und/oder aufgebrauchte Vorräte ersetzen.

Hinweise zur den Nährstoffvorräten im Boden geben regelmäßig durchgeführte Bodenuntersuchungen. Unabhängig von düngerechtlichen Vorgaben (Düngeverordnung etc.) sollte ein Untersuchungsauftrag mindestens die Ermittlung der P-, K-, und Mg-Gehalte zum Inhalt haben. Nicht nur zu Beginn der Anlagenstandzeit hilft die Messung des Humusgehaltes bei der Festsetzung der Stickstoffversorgung oder der Planung einer Kompostzufuhr.

Aufgrund ihrer großen Bedeutung für die innere und äußere Traubenqualität muss den Analysendaten für Kalium und Magnesium besondere Beachtung geschenkt werden. Dabei geht es weniger um absolute Gehalte als vielmehr um das Verhältnis der Nährstoffkonzentrationen zueinander.

Die optimierte Nährstoffversorgung erfordert nicht zuletzt  ein gewisses Systemdenken. Teil des Systems ist nicht nur der Standort mit seinem Boden und der Jahreswitterung, sondern vor allem der Rebstock.

Deshalb muss insbesondere bei der Stickstoffversorgung sowohl die Bodenpflege als auch die Vitalität des Bestandes in die Überlegungen zur Düngung einbezogen werden.

Gute Hilfe leisten dabei einfache Schätzrahmen, die auf der Basis von Bodenhumusgehalten über Zu- und Abschläge für Bodenpflege und Wüchsigkeit sehr schnell die Notwendigkeit und den Umfang von zusätzlichen Stickstoffgaben aufzeigen.

 

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