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Kräuselmilbenbekämpfung - Auswirkungen auf Ertrag und Qualität

 

Von Dr. W. K. Kast und H.-C. Schiefer
LVWO Weinsberg

 

Kräuselmilben breiten sich in Württemberg und Franken, aber auch in anderen deutschen Weinbaugebieten periodische immer wieder verstärkt aus. Auch aus anderen europäischen Ländern wird gelegentlich über starkes Auftreten berichtet (REDL 1988, ROSIAN und MANDA 1989, SZABO 1989). Kräuselmilbensymptome treten hauptsächlich während der Austriebsphase (gehemmter Austrieb, verkrüppelte Blätter und Triebe, starker Geizenwuchs, Abb. 1) und im Spätsommer auf: Netzförmige Berostung, sternförmige Aufhellungen und Deformationen an Blättern (Abb. 2+3). Wie bei Spinnmilben schon gezeigt wurde (KAST 1992, CANDOLFI 1991), sind Reben sehr tolerant gegenüber Schädigungen ihrer Blätter. In der vorliegenden Untersuchung sollte geprüft werden, welche wirtschaftlichen Auswirkungen der Kräuselmilbenbefall hat.

Abb. 1: Verkrüppelter Austrieb durch Kräuselmilbenbefall

 

 

Abb. 2: Berostungen der Blätter (links) im September durch Kräuselmilbenbefalll

 

 

Abb.3: Sternförmige Aufhellungen im Sommer, verursacht durch Kräuselmilben

Versuchsdurchführung

In einer mit Samtrot bestockten Rebfläche in Talheim wurde im Jahr 1990 durch Schädigung der Raubmilben mit einem Insektizid (Decis, nicht mehr zugelassen) gezielt massives Auftreten von Kräuselmilben provoziert. Im Folgejahr 1991 wurden 11 Varianten mit jeweils 4 Wiederholungen behandelt (verschiedene Insektizide und Akarizide). 6 Varianten wurden beim Austrieb (Knospenaufbruch ES05) behandelt. 4 Varianten wurden im Juli bei Erbsengröße der Beeren (ES31) gespritzt. Ausgewertet wurde der Kräuselmilbenbefall im Mai durch Auszählen der deformierten Triebe in % und durch eine Bonitur der Parzellen (1 = keine Schäden, 9 = nur völlig verkrüppelte Triebe). Jeweils eine weitere Bonitur wurde am 3. August und am 11. September durchgeführt. Dabei wurde die Intensität der Laubberostung einzelstockweise bonitiert (1 = normal grün, 9 =  schwarz verfärbt). Bei der Lese wurden Ertrag und Mostgewicht der 44 Parzellen ermittelt.

Ergebnisse

Beim Austrieb waren in den unbehandelten Varianten bis zu 60 % der Triebe stark deformiert. Die Trieblänge war in diesen Parzellen Mitte Mai um etwa 15 cm kürzer als in erfolgreich behandelten Varianten. Mit Thiodan (nicht mehr zugelassen) behandelte Parzellen waren nahezu befallsfrei. Bis zum Juli hatten sich die Wachstumsunterschiede augenscheinlich weitgehend ausgeglichen. Da die Parzellen nur einreihig waren, hatten sich die Kräuselmilben auch wieder auf die erfolgreich behandelten Parzellen ausgebreitet. Im August trat in einer mit Decis behandelten Variante extrem starke Berostung auf. Keines der angewandten Mittel war jedoch 100 %ig wirksam. Insbesondere gegen früher gut wirksame Phosphorsäureester sind offensichtlich die Kräuselmilben mittlerweile resistent.
Zwischen den einzelnen Varianten wurden keine signifikanten Unterschiede im Ertrag und Mostgewicht gefunden. Berechnet man jedoch über alle 44 Parzellen Korrelationen zwischen Ertrag und dem Befall, so zeigt sich, dass eine deutliche Abhängigkeit des Ertrags von der Befallsintensität besteht (befallene Triebe beim Austrieb: r = -0,27+, Bonitur beim Austrieb: r = -0,34*). Trotz des verminderten Ertrags ist in den beim Austrieb stärker befallenen Parzellen auch das Mostgewicht tendenziell eher geringer. Die Abbildung zeigt den Trend (Regression) des Einflusses des Befalls auf den Ertrag und den Erlös (Abrechnungseinheiten einer Genossenschaft bei 5 % Abstufung je °Oechsle).

Zwischen dem Merkmal Berostungsintensität im August und September und dem Mostgewicht wurde dabei keinerlei Beziehung gefunden (r = +0,02 und -0,09). Die Berostung hatte offensichtlich nicht die befürchteten Auswirkungen auf die Qualität.

Abb. 4: Beziehung (Regression) zwischen den Symptomen beim Austrieb und dem späteren Ertrag


Konsequenzen für die Praxis

Da durch den Befall der Rebe durch Kräuselmilben im Herbst kaum wirtschaftliche Schäden auftreten dürften, ist im Sommer eine gezielte Bekämpfung nicht zwingend notwendig. Das Auftreten von Befallssymptomen sollte jedoch für die Planung von Gegenmaßnahmen im Folgejahr genutzt werden, weil bei Ausrieb wirtschaftliche Schäden drohen. In Anlagen mit starker Berostung oder deformierten Geiztrieben ist im Folgejahr eine gezielte Behandlung beim Austrieb (Aufbruch der Knospen, ES05) zu empfehlen.

Zusammenfassung

Kräuselmilben verursachen beim Austrieb erhebliche wirtschaftliche Schäden (geringerer Ertrag ohne Qualitätssteigerung). Der Befall im Spätsommer an älteren Blättern (Berostung) hat dagegen keine Auswirkungen auf Ertrag und Qualität. Er kann folglich notfalls bis zum Austrieb im Folgejahr toleriert werden.

Literatur

Candolfi, M. P. (1991): Einfluss von Tetranychus urticae KOCH und Panonychus ulmi KOCH (Acari) auf Gaswechsel, Wachstum, Ertrag und Traubenqualität der Weinrebe.
Dissertation ETH Zürich Nr. 9423

Kast, W. K. (1992): Untersuchungen zur Befalls-Verlust-Relation und Bekämpfungsschwelle bei der Obstbaumspinnmilbe (Panonychus ulmi KOCH) an Reben.
III. Beziehung zwischen Milbenbesatz im August und dem Zuckergehalt der Trauben.
Zeitschrift Pflanzenkrankheiten Pflanzenschutz 99(2),191-195.

Redl, H. (1988): Die gegenwärtige Situation des Rebschutzes in Österreich.
Gesunde Pflanzen 40, 270 - 274

Rosian, M.; Manda, C. (1989): Research on phytophagous acafiens Phyllocoptes vitis (NAL), biology and control. Anu. Inst. de Cefl. Pent. vitic. si vinific. Valea calug., Bucarest 12, 181 - 193

Szabo, G. (1989): The bases of effective protection against vine leaf mite, Calepitrimerus vitis NAL. Szölötermesztés es Barâszat 11 (2), 19 - 23

 

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