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Überlegungen zur Rebenerziehung und Drahtrahmengestaltung

Rolf Fox
LVWO Weinsberg
E-Mail:
rudolf.fox@lvwo.bwl.de

Die zunehmende Umstrukturierung der Rebanlagen sowie die Fortentwicklung im Bereich der Unterstützungsmaterialien sind Anlass, sich mit diesem Thema intensiver auseinanderzusetzen. Daneben stellen weitere Rationalisierung, möglichst hohe Mechanisierung wie auch die nicht mehr wegzudiskutierende Klimaänderung Aspekte dar, die bei den Entscheidungen bezüglich Erziehung und Drahtrahmengestaltung Beachtung finden sollten. Der Temperaturanstieg von 0,7° C seit 1948 hat naturgemäß hierbei erhebliche Auswirkungen auf die Leistung der wärmeliebenden Rebe und damit Folgen für die Kulturtechnik.

Welche Konsequenzen ergeben sich für den Weinbau

Fakt der vergangenen ca. 10 Jahre ist, dass sowohl quantitativ als auch qualitativ, zumindest was das Mostgewicht angeht, überdurchschnittliche Ergebnisse erzielt wurden. Qualitativ kommen uns die Folgen der für den Weinbau günstigeren klimatischen Verhältnisse geradezu entgegen, wirken sie sich doch gerade bei den stärker nachgefragten Rotweinsorten eher positiv aus. Mit dem hohen Fruchtbarkeitspotenzial haben wir dagegen schon „eher so unsere Probleme", was die spätere Weinqualität sowie die Ertragssteuerung über Anschnitt und Grünernte, also die Entlastung der Stöcke, angeht.

Mitbeteiligt an der heutigen hohen potenziellen Fruchtbarkeit unserer Rebstöcke sind neben dem bereits genannten, dominanten Faktor Klima bzw. der jeweiligen Jahreswitterung die heute meist optimierten pflanzenbaulichen Maßnahmen wie harmonische Ernährung, z. B. auch mit dem Spurennährstoff Bor, der Einsatz pflanzenverträglicher Pflanzenschutzmittel, d. h. um die Blüte kein Kupfer, sowie leistungsfähige, gesunde Klone und Unterlagen. Die zunehmende Klimagunst hat auch das Risiko von Ausfällen durch Winter- und Spätfrost verringert. Mindestens hat es derzeit den Anschein.

Zunehmender Trockenstress bei hohem Behang mit Qualitätsproblemen, besonders bei Weißwein oder auch der Ausnahmejahrgang 2000 mit starkem Essigfäulebefall, sind jedoch die Kehrseite der Medaille.

Wie war die Entwicklung bezüglich Erziehung und Arbeitsaufwand in der Vergangenheit?
Anhand der Entwicklung des Arbeitsaufwandes im württembergischen Weinbau (Abbildung 1) soll dies vergegenwärtigt werden.

Entwicklung des Arbeitsaufwandes im württembergischen Weinbau 1948 - 2000

Abbildung 1: Entwicklung des Arbeitsaufwandes im württembergischen Weinbau 1948 - 2000

An dieser enormen Entwicklung innerhalb von ca. 50 Jahren ist die Anpassung der Gassenbreite, die Umstellung von Pfahl- auf Drahtrahmen sowie die Mechanisierung gleichermaßen beteiligt (Tabelle 1). D. h., das eine war Voraussetzung für das andere bzw. musste angepasst werden, wie z. B. gerade die Zeilenbreite an die heutigen leistungsfähigen Schmalspurschlepper. Dass die Flurbereinigungen, beginnend ca. Mitte der 60er Jahre, durch Flächenzusammenlegung, Geländegestaltung als Voraussetzung für den Direktzug sowie die verbesserte Wegeerschließung einen erheblichen Beitrag zu dieser Entwicklung beigetragen hat, soll hier ganz bewusst hervorgehoben werden.

Tabelle 1: Entwicklung im Weinbau (20. Jahrhundert)

 

h/ha

Handarbeitsstufe/Pfahlerziehung

2.500 - 3.000

Zugtier/Auszeilung in Gefällerichtung

1.400 - 1.800

Seilzug/Drahtrahmen (1,2 - 1,4 m)

1.000 - 1.200

Direktzug/Ein-Mann-Verfahren (1,4 - 1,6 m Flurbereinigung)

600   -   800

Direktzug hohe Mechanisierungsstufe/Gerätekombinationen (2 m)

400   -   500

bei maschineller Ernte

180   -   250

Minimalschnitt (künftig?)

60

Der in den 50er bis 60er Jahren versuchte Sprung auf 3,20 m bis 3,50 m und Lenz-Moser-Erziehung ist aus pflanzenbaulichen Gründen seinerzeit nicht gelungen, zeigt aber die schon damals fortschrittlichen Ansätze auf. Die derzeitigen Versuche mit Minimalschnitt lassen noch keine Aussage zu, zeigen aber auf, dass es im weltweiten Wettbewerb nicht einfach sein wird und einen Stillstand auch in Zukunft nicht geben wird.

Unzweifelhaft legen wir bei der Wahl der Gassenbreite, dem Stockabstand sowie der Drahtrahmengestaltung für lange Zeit die Grundlage für mehr oder weniger günstige pflanzenbauliche Bedingungen sowie für eine mehr oder weniger rationelle Bewirtschaftung. Dass hierbei insbesondere der Gassenbreite sowie der Rebenerziehung eine entscheidende Bedeutung zukommt, ist an sich bekannt. Die „Tragweite" der Entscheidung soll an folgendem Beispiel aufgezeigt werden (Abbildung 2). Legt ein junger Betriebsleiter im Alter von 27 Jahren einen Weinberg an, so ist er nach Rodung dieser „Rebgeneration" – 25 Jahre unterstellt – bereits 52 Jahre alt. Ein Großteil seines sogenannten Arbeitslebens und damit auch der wirtschaftlichen Erfolgsmöglichkeiten sind bis dorthin „gelaufen". Für Korrekturen grundlegender Art ist es rückwirkend auf jeden Fall zu spät. Es gilt demnach bei der Neuerstellung von Rebanlagen unter Einbeziehung seitheriger Entwicklungen zukunftsgerichtet die bestmöglichen Grundlagen für die spätere langjährige Bewirtschaftung zu legen, d. h. alle derzeitigen Erkenntnisse mit in die Entscheidung einzubeziehen und für künftig mögliche Entwicklungen "keine Hemmschuhe" einzubauen.

27

+

25

=

?

Abbildung 2: Wer in jungen Jahren die Dauerkultur Rebe pflanzt legt für die Masse der Erwerbsjahre die Bedingungen fest.

Was müssen wir bei dieser Entscheidung nun einbeziehen bzw. welcher Spagat ist zu bewältigen? An den in Tabelle 2 aufgeführten Schlagworten wird deutlich, dass sinkender Rentabilität steigende Kundenansprüche gegenüberstehen. Unsere, durch hohes Lohnniveau geprägten, hohen Produktionskosten sollten uns dabei veranlassen, hochwertige Produkte anzustreben, um an dem sogenannten „oberen Marktsegment" zu partizipieren und damit im weltoffenen deutschen Markt ausreichend hohe, gewinnbringende Preise zu erzielen.

Tabelle 2: Rentabilität kontra Kundenansprüche

Spagat

pfeilreli.gif (1840 Byte)

Rentabilität

Kundenansprüche

Preisdruck

Produktqualität

Kostenbegrenzung

Ausstattung/Wertigkeit

Mechanisierungsgrad
Betriebsmittelaufwand

Marketing/Wiedererkennung

Arbeitsproduktivität

Serviceleistung

Kosten je kg Qualitätstrauben

Zusatznutzen
Trendprodukte
Prestigeprodukte

Die Beachtung von Umweltaspekten wird vorausgesetzt

Die alleinige Kostenminimierung hat sich, wie die Vergangenheit gezeigt hat, als für unsere Verhältnisse nicht erfolgreich erwiesen. Neben der Produktqualität, also gebührend zu berücksichtigender pflanzenbaulicher Parameter, stehen „markttechnische" Kriterien sowie die Beachtung von Umweltaspekten einschließlich eines möglichst geringen Energiebedarfes für alle Produktionsschritte im Vordergrund des Interesses.

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass es eine permanente Herausforderung sowohl in der Produktion als auch im Marktbereich gibt, der wir uns in geeigneter Weise stellen müssen. Es gilt demnach, sich dieser Herausforderung ständig und nicht nur aus Anlass der Umstrukturierung durch Integration neuer Erkenntnisse sowie Entwicklungen bei Unterstützungsmaterialien und Anforderungen der Mechanisierung zu stellen. Auch die sich ändernden Klimabedingungen mit ihren direkten Auswirkungen auf das Fruchtbarkeitspotenzial der Rebe müssen bei der Gestaltung des Drahtrahmens beachtet werden.

Wo gibt es Ansatzpunkte?
Die wichtigsten Ansatzpunkte für eine weitere Senkung des Arbeits- und Kostenaufwandes, höherer Mechanisierung sowie Arbeitserleichterung stellen der Drahtrahmen, der Bereich Rebschnitt/Biegen sowie Laubarbeiten und Ertragssteuerung dar (Tabelle 3).

Tabelle 3: Wo gibt es Ansatzpunkte?

Materialien/Instandhaltung des Drahtrahmens

Mit Holzstickeln hoher Zeitaufwand bei Erstellung und Unterhaltung sowie letztlich hohe Materialkosten

Mechanisierung

Erntemaschine:
Voraussetzungen überall dort schaffen, wo die Steigung einen späteren Einsatz zulässt

Vorschnitt:
Bei geeigneten Sorten im Wechsel auf Zapfen bzw. Bögen oder auch nur im Bereich der oberen Drähte

Drahtaushebung:
Erleichterung des Rebenherausziehens bei stark rankenden Sorten

Rebschnitt/Biegen

Mit ca. 100 h/ha eine absolute Arbeitsspitze, Brechung durch Teilmechanisierung, physische Entlastung

Laubarbeiten

Arbeitsspitze brechen durch bewegliche Heftdrähte, Heftdrahtfedern, Heftmaschine

Ertragssteuerung

Manuell hoher Aufwand, engere Biegdrähte, kürzerer Anschnitt. Es ist nicht notwendig, überall "vorzuhalten". Risikoverteilung im Betrieb

Gassenbreite
Gassenbreiten um 2 m haben sich bewährt, und es besteht ganz allgemein kein Anlass, davon abzuweichen, wenn nicht grundlegende Vorteile durch neue Entwicklungen zu erwarten sind. Dies ist derzeit nicht der Fall. Dass langfristig innerhalb eines Betriebes ein möglichst einheitlicher Zeilenbreitenbereich (1,9 – 2,1 m) im Hinblick auf den Maschinenpark erstrebenswert ist, versteht sich von selbst. Die heutigen Schlepperaußenbreiten von bis zu 1,4 m – siehe Darstellung 6 – bei großen Reifenbreiten zur Verbesserung der Steigfähigkeit und Fahrsicherheit sowie Minimierung der Bodenverdichtung erfordern selbst bei straffen Laubwänden Zeilenbreiten von mindestens 2 m. Eine Abweichung auf weniger als 2 m ist aus dieser Sicht, wie auch vor dem Hintergrund der oben aufgezeigten Entwicklung seit 1948, nicht als zukunftsträchtig anzusehen und deshalb falsch. Auch pflanzenbauliche Gründe, d. h. eventuelle Qualitätsvorteile, können aufgrund eigener Versuche mit Zeilenbreiten von 1,5, 1,8 sowie 2,1 m nicht als stichhaltig angesehen werden. Engere Gassen hatten bei diesen Versuchen praktisch keinerlei Einfluss, sehr wohl aber geringere Biegdrahthöhen bzw. eine bodennahe Fruchtholzformierung. Hierauf wird später noch näher eingegangen.

Andere „Versionen" mit Zeilenbreiten um 2,20 – 2,40 m wie Silvoz-, Umkehr- oder Vertikoerziehung haben sich in Direktzugflächen nicht bewährt und sind allenfalls in Ausnahmen für nicht mechanisierbare Flächen im Steilhang von Interesse. Inwieweit sich die seit neuerem in Deutschland in Prüfung befindliche Minimalschnitterziehung für bestimmte Sorten eignet und deshalb in Teilbereichen künftig eine Ergänzung zur Spaliererziehung darstellt, muss derzeit noch völlig offen bleiben.

Schlepperaußenbreite 1,40 m plus 2 mal 30 cm Sicherheitsabstand

Abbildung 3: Bei einer Schlepperaußenbreite von 1,40 m muss die Zeilenbreite mindestens 2 m betragen.

Stockabstände
Standweiten um 2,5 m² haben sich unter den hiesigen Boden- und Klimaverhältnissen seither bewährt. In der Praxis sind deshalb Stockabstände von 1,2 – 1,3 m bei 2 m Gassenbreite bzw. 1,4 m bei 1,8 m Gassen weit verbreitet.

Untersuchungen in anderen Weinbaugebieten haben ergeben, dass höhere Pflanzdichten unter den dortigen „Bodenverhältnissen" zu tieferer Durchwurzelung führen. Ausgeprägte Witterungsphasen mit Trockenheit sprächen aus diesem Grund für engere Standweiten bzw. höhere Stockzahlen/ha. Hiermit würde die Einzelstockbelastung auch bei hohem Behang begrenzt und Stresssituationen vorgebeugt.

Nach unseren Untersuchungen ergaben geringere Stockabstände unter den Bedingungen der 80er bis Anfang 90er Jahre keine Qualitätsvorteile im Wein. Arbeitswirtschaftliche Aspekte sprechen gegen zu hohe Stockzahlen/ha.

Allgemein sollte sich der Pflanzabstand am zu erwartenden Wuchs in Abhängigkeit von Boden, Bodenbewirtschaftung, Unterlage und Edelreis orientieren, d. h., es sollte ein physiologisch ausgegelichenes Wachstum sozusagen „vorprogrammiert" werden.

Für Sorten mit relativ gleichmäßiger Fruchtbarkeit über die Bogrebe wie Riesling und Burgunderarten, aber auch dem Silvaner, bietet sich eventuell ein mehr oder weniger langer Bogen bei Stockabständen von 1 bis maximal 1,2 m an. Am langen Holz überdurchschnittlich fruchtbare Sorten wie Müller-Thurgau, Kerner, Lemberger und Trollinger sollten eher auf kürzere Fruchtruten angeschnitten werden, um ein gutes Blatt-/Fruchtverhältnis zu sichern. Hier bieten sich Stockabstände mit 1,2 – 1,4 m bei 2 kurzen Ruten an.

Größerer Altholzanteil, so auch eine höhere Stockzahl/ha, bedeutet höhere Stressfestigkeit. In besten, eher trockenen Lagen sowie Trockengebieten bietet sich deshalb die geringere Stockbelastung mit 1 Bogen an, was gerade hier das Ziel höherer Qualitäten, bezogen auf Aminosäuregehalte und Extraktwerte, unterstützen dürfte. Nicht umsonst sind z. B. im Weinbaugebiet Franken mit seiner ausgeprägten Sommertrockenheit die Pflanzdichten seit alters her höher als in Württemberg.

Wird bei 2 m Gassenbreite und 1 m Stockabstand auf 1 Schrägbogen formiert, sind dies bei 6 Augen/m² 12 Augen/Rute. Diese begrenzte Rutenlänge garantiert ein ausreichend kräftiges Wachstum aller Triebe auf der Bogrebe und damit ein gutes Blatt-/Fruchtverhältnis an allen Trieben. Längere Ruten bei größeren Stockabständen bergen die Gefahr von Schwachtrieben im vorderen Rutendrittel in sich. Dies führt zu schlechtem Blatt-/Fruchtverhältnis und naturgemäß zu Qualitätsabfall.

Biegdrahtabstände/Formierung
Wie bereits eingangs erwähnt, kann bei der derzeitigen hohen potenziellen Fruchtbarkeit wesentlich kürzer angeschnitten werden (je nach Sorte 4 – 7 Augen/m²) als noch vor 25 Jahren, also der vorhergehenden Rebgeneration. Entsprechend kann heute mit geringerem Biegdrahtabstand „gearbeitet" werden, und die Formierung eines Pendelbogens bei 50 cm Biegdrahtabstand gehört auch bei 2 m Zeilenbreite der Vergangenheit an.

In einem Fachartikel in der Zeitschrift „Rebe und Wein" wurde von uns unter dem Titel „Ist der Pendelbogen noch zeitgemäß" bereits vor Jahren darauf hingewiesen. Hierbei kam auch zum Ausdruck, dass mit kürzerem Anschnitt alleine das Blatt-/Fruchtverhältnis, z. B. bei unseren reichtragenden Sorten und Klonen, nicht ausreichend reguliert werden kann. Hier ist in ertragreichen Jahren die Ertragsreduktion durch „Grünernte" notwendig. Inwieweit uns die Klonenselektion hier neue Wege aufzeigt, muss die Zukunft erweisen.

Dass die Praxis sich auch beim Biegdrahtabstand auf die geänderten Gegebenheiten permanent einstellt, ist bei den meisten jungen Anlagen mit Biegdrahtabständen um 20 – 30 cm zu sehen. Die hohen Erträge der 90er Jahre haben daneben viele Praktiker veranlasst, in jungen Anlagen nachträglich die Biegdrahtabstände zu korrigieren und vom Pendelbogen auf den Halb- oder Schrägbogen mit entsprechend geringerer Augenzahl/m² umzustellen.

Die aus heutiger Sicht optimale Formierung und Biegdrahtgestaltung geht aus Abbildung 4 hervor. Hierbei ist der untere Biegdraht/Anbindedraht auf 70 cm festgelegt, um einerseits eine ausreichende Bodenfreiheit für den Einsatz der Technik zu gewährleisten und andererseits aber auch die Bodenwärme noch gut auszunutzen. Der obere Biegdraht oder auch Überbiegedraht ist je nach Fruchtbarkeit der Sorte, also erforderlicher Augenzahl/m² sowie mittlerer Internodienlänge der Sorte, anzuordnen. Es ergeben sich daraus in der Regel Abstände von 20 bis 30 cm. Die Formierung als Halbbogen oder Schrägbogen – siehe Darstellung 7 - dürfte hierbei auch in Zukunft sinnvoll sein, wobei die Mehrzahl der Triebe eingestreift werden kann. Bei einer mittleren Anschnittstufe von 6 Augen/m² ergeben sich einschließlich Zapfentrieben und Wasserschossen bei 2 m Gassenbreite etwa 14 – 15 Triebe lfd./m Zeilenlänge. Diese Triebzahlen ergeben einen mittleren Triebabstand von ca. 7 cm und garantieren somit eine gute „Laubwandstruktur" sowie optimale Belichtung und Belüftung von Blättern und Trauben.

Drahtrahmen bei Spaliererziehung

Abbildung 4: Optimale Formierung und Biegedrahtgestaltung

Die Formierung als Flachbogen kann bei einer Zeilenbreite von 2 m unter Umständen dazu führen, dass bei weitknotigen Sorten die erforderlichen Augen nicht untergebracht werden können. Daneben ist die Bruchgefahr bei manchen Sorten erhöht und die Trauben hängen sehr dicht in einem schmalen Band beieinander. Dies ist im Hinblick auf die Applikationsqualität beim Pflanzenschutz sowie der Farb- und Aromaausbildung wie auch erhöhter Botrytisgefahr nicht erstrebenswert. Auch das erforderliche Wickeln der Fruchtrute hat "Folgen" für den nächstjährigen Rebschnitt, denken wir an den Einsatz pneumatisch betriebener Rebscheren.

Schrägbogen oder Halbbogen mit geringen Biegdrahtabständen sind leicht zu biegen, ergeben eine lockere, versetzte, aber immer noch schmale Traubenzone und haben bei den Laubarbeiten praktisch kaum Nachteile gegenüber dem Flachbogen.

Bei der Formierung ist bereits darauf zu achten, dass eine gleichmäßige geschlossene Laubwand entsteht. Dies ergibt ein gleichmäßiges Schwingungsverhalten beim Einsatz der Erntemaschine und ermöglicht mit geringerem Energieeintrag – also schonender – zu ernten.

Stammhöhe
Die Stammhöhe beträgt bei der angesprochenen Biegdrahtordnung ca. 70 - 80 cm (siehe Abbildung 4) und ist sowohl aus Sicht möglichst aufrechter Arbeitshaltung, ausreichendem Altholzanteil, möglichst bodennaher Traubenzone als auch ausreichender Laubwandhöhe und damit Zielholzlänge sinnvoll.
Als Optimum ist etwa der Bereich 20 cm unterhalb des Überbiegedrahtes zu nennen.
Der Stamm wird dabei separat vom Pflanzpfahl kurz unterhalb des Kopfes am unteren Biegdraht elastisch und dauerhaft befestigt. Die Schnitt- und Ausbrecharbeiten können somit „ungestört" im Bereich zwischen den Biegdrähten erfolgen. Darstellung 8 zeigt eine ideale Stamm- bzw. Kopfhöhe kurz über dem unteren Biegdraht, bei der nach der Fruchtholzformierung ein idealer Saftstau zur Förderung der Zielholzbildung für das Folgejahr zu erzielen ist. In Darstellung 9 ist bei zu großem Biegdrahtabstand sowie zu niedriger Stammhöhe mit Kopf um den unteren Biegdraht ein lange „ansteigender Ast" mit Saftstau an ungeeigneter Stelle dargestellt. Dies ist arbeitstechnisch wie auch pflanzenbaulich unvorteilhaft und führt zu höherem Zeitaufwand sowie Verdichtung im Stockinneren und ergibt selten gutes Zielholz an geeigneter Stelle.

Ideale Stammhöhe

Stammende zu tief

Abbildung 5: Ideale Stammhöhe

Abbildung 6: Stammende zu tief, lange ansteigender Ast

Materialien/Heftdrahtanordnung

a) Stickel
Die seither verbreiteten Holzstickel haben vielfach nur eine recht begrenzte Haltbarkeit, was eine hohe Austauschquote und damit hohen Aufwand wie auch Kosten verursacht. Daneben ist die Entsorgung zumindest bei imprägnierten Materialien problematisch. Die hohe Bruchquote beim Erntemaschineneinsatz sowie die Probleme mit Hefthaken im Erntegut sprechen ebenfalls gegen Holzpfähle.

In Direktzuglangen dürfte deshalb dem verzinkten Stahlstickel zumindest die nähere Zukunft gehören. Drahtrahmen mit Stahlstickeln sind rasch und einfach zu erstellen, die Einhängevorrichtungen sind vorhanden und variabel. Die Anlagen sind wartungsarm, ausreichend haltbar und kostenneutral zu entsorgen. Nachdem die heute als Korrosionsschutz verwendete Zinkaluminiumlegierung gegenüber der reinen Verzinkung nur noch etwa 1/3 des Zinkeintrages ergibt, spricht auch aus Gründen der Bodenbelastung kaum etwas gegen Stahlstickel. Ausreichende Einschlagtiefe ca. 60 – 70 cm und keine zu großen Abstände sichern neben genügender Materialstärke und Profilbreite die erforderliche Standfestigkeit auch als Endpfahl. In windoffenen Lagen muss besonders auf der windzugewandten Seite eventuell etwas enger und tiefer eingeschlagen werden (2,7 m Länge). Die Erstellung unmittelbar nach der Pflanzung bei „noch weichem Boden" hat Vorteile.

Der Abstand sollte sich im Bereich um 4 - 4,5 m bewegen, wobei die Stickel bei Formierung mit einem Bogen am Stock, sonst zwischen den Stöcken, gesetzt werden.

Außerhalb des Endstickels, also zwischen Anker und Stickel, ist dabei nur am oberen Ende der Zeile ein Stock sinnvoll, wenn bei engen Stockabständen ein Bogen, der nach unten gebogen wird, vorgesehen ist. Ansonsten sollte auf Stöcke zwischen Stickel und Anker, ebenso wie auf Durchgänge, die nur Zeit und Geld kosten, verzichtet werden.

Um später eventuell mit beweglichen Heftdrähten oder maschineller Drahtaushebung arbeiten zu können, sollten die „Einhängelaschen" nach oben offen sein. Abstände von 10  -12 cm ergeben hierbei ausreichende Variationsmöglichkeiten der Drahtrahmengestaltung.

Durchgängige Ausstanzungen auch in den Erdbereich hinein haben sich nicht bewährt und stellen am Übergang Boden/Luft eine Art Sollknickstelle dar. Stückverzinkte Pfähle sind zwar zunächst teuer, dürften aber eine längere Standzeit ermöglichen, sind an den Ausstanzungen durch die nachfolgende Verzinkung nicht so scharfkantig und scheuern damit weniger an den Drähten.

b) Pflanzpfähle
Auch hier hat sich der Werkstoff Stahl gut bewährt. Als noch brauchbare Alternativen stehen hier jedoch z. B. Akazienpfähle, imprägnierte Fichtenpfähle oder auch Bambusstäbchen zur Verfügung. Ausreichende Standfestigkeit, z. B. für Flachschareinsatz, kann durch Befestigung am Biegdraht sichergestellt werden. Auch deshalb bietet sich die Erstellung des Drahtrahmens direkt nach der Pflanzung an. Die sofortige dauerhafte Befestigung, separat am Draht, erfordert später keine neue Bindung am Rebstamm, wenn der Pfahl nach 6 - 8 Jahren herausgenommen wird. Eine Länge von ca. 1,2 m dürfte ausreichen und hindert später nicht oberhalb des Kopfes bzw. des Überbiegedrahtes, wenn maschinell vorgeschnitten werden soll (Abbildung 4).

Um „Probleme" beim Erntereinsatz – Einsammlung von Bruchstücken - zu vermeiden, sind ausreichend stabile, aber auch elastische Materialien – auch was die Befestigung angeht – sinnvoll. Wellstäbe haben sich hier als besonders gut geeignet erwiesen.

c) Drähte/Heftdrahtanordnung/Heftdrahtfedern

1. Drähte/Heftdrahtanordnung
Wenn sich auch die kunststoffummantelten Drähte bei Holzpfählen gut bewährt haben, so sind in Verbindung mit Stahlstickeln galvanverzinkte (Zinkaluminiumlegierung), Handelsname z. B. Crapal, vorzuziehen.

Hierbei werden die Biegdrähte auf der windzugewandten Westseite sowie Einzelheftdrähte auf der Ostseite angebracht.

Der Anbindedraht als Welldraht kann in Steillagen gewisse Vorteile zur Stammbefestigung bieten. Die Heftdrahtanordnung richtet sich nach Sorte und Heftverfahren.

Allgemein sollte die untere Heftstation je nach Sorte etwa 20 – max. 30 cm über dem Überbiegedraht eingezogen werden (Abbildung 4). Diese Station sichert auch kurze Triebe und hält die Laubwand insgesamt zusammen. Ein späteres Hochhängen ist nicht sinnvoll, es sei denn, es wird von unten ein abgelegtes Drahtpaar sozusagen „nachgeschoben".

Die 2. Station kann je nach Sorte – aufrecht oder weniger aufrecht wachsend – in 30 – 40 cm  darüber angeordnet werden. Die 3. bzw. oberste Station ist in der Regel bei ca. 1,80 m, kann aber bei aufrechtwachsenden Sorten auch tiefer sein. Hier kann die Laubwand höher über den Drahtrahmen hinausragen (Abbildung 4).

Wird mit der "teuren" Heftmaschine gefahren, reichen 2 Einzeldrähte bei aufrecht wachsenden, gut rankenden Sorten völlig aus. Bei weniger aufrecht wachsenden Sorten ist allenfalls ganz oben noch ein Drahtpaar erforderlich. Je weniger Drähte eingezogen werden, umso weniger Aufwand entsteht beim Rebenherausziehen. Daneben ist „freieres" Arbeiten beim Biegen gegeben und es ergibt sich eine Kosteneinsparung bei Erstellung und Wartung.

2. Heftdrahtfedern/bewegliche Drähte
Heftdrahtfedern haben sich in den vergangenen ca. 10 Jahren recht gut bewährt und sind heute in vielen Anlagen in der unteren Heftstation integriert. Sie haben gegenüber den beweglichen Drähten den Vorteil, dass sie im „gespreizten" Zustand die grünen Triebe „abstützen" und die übrigen Pflegearbeiten nicht behindern. Sie sind jedoch nicht billig, müssen unterhalten werden, stören eventuell bei maschinellem Vorschnitt und ermöglichen kein Weghängen der Drähte vor dem Schnitt. Maschinelle Drahtaushebung scheidet hier ebenfalls aus.

Als „Vorarbeit" für den Schnitt bzw. das Heften wäre dagegen bei beweglichen Heftdrähten das Herunterhängen der 1. Heftstation nach der Lese in den Bereich unterhalb des Anbindedrahtes zu sehen. Wird dann noch das obere Drahtpaar maschinell angehoben, also die Ranken gelöst oder das Holz bei stark rankenden Sorten aus dem oberen Drahtpaar durch die Vorschneidemaschine „herausgefräst", wird der Rebschnitt erheblich erleichtert sowie der Zeitaufwand verringert. In Abbildung 4 sind die „Schnittebenen" beim maschinellen Vorschnitt durch von oben in den Drahtrahmen ragende Linien mit kurzem unteren Querstrich angedeutet.

Im Sommer ist bei beweglichen Heftdrähten der optimale Zeitpunkt zum Hochhängen der Drähte wichtig. Es darf auf keinen Fall zu früh hochgehängt werden, sonst rutschen zu viele Triebe wieder heraus. Hierbei wird gleichzeitig das obere Drahtpaar herabgelegt und später bei ausreichender Trieblänge in die mittlere oder gleich die obere Station eingehängt. Bei beweglichen Drähten sind Ketten an beiden Zeilenenden wichtig, um die Drähte zu lockern – Herunterhängen – oder auch nach dem Hochhängen stramm zu ziehen. Klammern erübrigen sich hierbei weitgehend und wären eher auch hinderlich.

d) Anker, Drahtspanner, Ketten
Als Endverankerung sind stabile „Stabanker" mit ausreichendem Scheibendurchmesser von 12 - seltener 15 - cm sinnvoll. Ausreichende Einbohrtiefe (eventuell mit Motorbohrer) sichern genügende Zugfestigkeit.

Drahtspanner sollten möglichst in den Draht integrierbar, den Draht mit großen Windungen aufnehmen und korrosionsfest sein.

Ketten sind besonders bei beweglichen Heftdrähten an beiden Enden sinnvoll. Um "Verluste" durch „Vollerntereinsatz" zu vermeiden, müssen diese sachgerecht eingebaut und die Drähte straff gehalten werden.

Vorgewende
Ausreichendes Vorgewende, mindestens 6 m von Anker zu Anker, sichert auch bei Einsatz von Gerätekombinationen oder gezogenen Erntemaschinen zügiges Wenden ohne unnötigen Zeitverlust und Reifenabrieb oder Beschädigungen an Ankern und Endstickeln.

Abschließend ist festzuhalten:
Aus pflanzenbaulicher, arbeitswirtschaftlicher wie aus Sicht optimaler Mechanisierungsmöglichkeiten und möglichst geringer Umweltbelastung kommt den Entscheidungen bei der Erstellung von Neuanlagen eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu. Es gilt, gerade in Verbindung mit der derzeitigen Umstrukturierung die gegebenen Möglichkeiten zukunftsorientiert zu nutzen.

Das bekannte Sprichwort: „ Wer nicht mit der Zeit geht ....." kann gerade in diesem Bereich gravierende Folgen für die künftige Rentabilität haben. Es gibt also einiges zu überlegen und klare Ziele zu setzen. Fangen Sie damit möglichst rasch an, denn wer den Hafen nicht kennt, für den ist kein Wind ein günstiger.

In Anlehnung an einen Vortrag anlässlich der 46. Weinbautagung 2001 in Weinsberg.

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